„Das ist mein Leben... und über das bestimme ich und nicht mein Krebs!"

Andrea freute sich schon sehr auf ihren bevorstehenden 25. Geburtstag. Doch fünf Wochen vorher plagte sie ein hartnäckiger Husten. Sie steckte inmitten von Prüfungsvorbereitungen für ihr Studium des Wirtschaftsingenieurswesen. Anfangs dachte die lebensfrohe junge Frau nur an eine „normale“ Erkältung. Bei einer Blutkontrolluntersuchung wurden jedoch sehr hohe Entzündungswerte festgestellt. Weitere Symptome wie Nachtschweiß und intensives Hautjucken ließen Andrea kaum noch schlafen. Beunruhigt ließ sie sich schließlich zu einem Lungenfacharzt überweisen.

“Werde ich wieder gesund?”

Andreas Welt stand plötzlich still. Die Diagnose hieß: „Hodgkin-Lymphom“. Das ist eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems. Ihr junges Leben wurde schlagartig aus den Angeln gerissen. Sie fragte sich „Werde ich wieder gesund?“ Sofort wurde sie in das Nordklinikum in Nürnberg für eine weitere Diagnostik eingewiesen, worauf eine intensive und kräftezehrende Chemotherapie folgte. Und auch wenn diese in ihrem Heimatort ambulant durchgeführt werden konnte, war es eine schreckliche Zeit mit vielen Unsicherheiten. Nach Abschluss der Behandlung kam dann endlich die  erlösende Nachricht – Andrea war krebsfrei! Sie war überglücklich!

Die niederschmetternde Nachricht – ein Rückfall

Voller Elan nahm Andrea ihr Studium wieder auf und erhielt eine Praktikumsstelle im BMW Werk in München. Alles schien perfekt. Aber dann, ein Jahr später, kam die niederschmetternde Nachricht „ein Rückfall“. Nun blieb nur noch eine Stammzelltransplantation und eine sehr schlimme Zeit begann. Durch die vorbereitende Hochdosis-Chemotherapie hatte Andrea gleich mehrere lebensbedrohliche Nebenwirkungen. Starken und liebevollen Halt erfuhr sie in dieser schweren Zeit von ihrer Familie und ihren Freunden. Auch ihre Hündin Leni gab ihr eine unvorstellbare Kraft.

Ein wunderbarer Empfang zurück ins Leben

Nach Beratung durch Prof. Dr. Hans-Jochem Kolb – ein Pionier der Knochenmarktransplantation – wurde die junge Patientin zusätzlich mit einer Antikörpertherapie behandelt. Während der Therapie trat Andrea ihr Praktikum bei BMW wieder an. Dort hatte man sich sehr dafür eingesetzt, dass ihr Praktikumsplatz erhalten blieb. Alle freuten sich – ein wunderbarer Empfang zurück ins Leben.

Andrea und Leni vorher
Andrea und Leni
Andrea und Leni nachher
Ein tolles Duo

Rückfall – aber aufgeben war keine Option

Andreas Kampf war jedoch noch nicht vorbei. Bei einer routinemäßigen Nachsorgeuntersuchung wurde ein Herd in der Lunge identifiziert. Ein weiteres Mal erhielt sie die Diagnose „Hodgkin- Lymphom“. Ihre Gefühle fuhren Achterbahn. Ängste, Ausweglosigkeit und Ohnmacht wechselten sich mit Humor, Hoffnung und Lebensfreude ab. Diesmal wurde Andrea mit einer Immuntherapie behandelt. Bereits nach der dritten Gabe stellten die Ärzte im PET-CT eine fast vollständige Remission (Rückbildung der Krebserkrankung) fest. Als jedoch nach fast einem Jahr starke Nebenwirkungen auftraten, musste das Medikament abgesetzt werden. Und nun?

„Tumor ist, wenn man trotzdem lacht!“

Was passiert, wenn das lebensrettende Medikament abgesetzt wird? Wird es der Körper alleine schaffen, mögliche Krebszellen unschädlich zu machen? Mit diesem Bewusstsein zu leben, macht manche Tage schwierig, doch die fröhlichen Tage überwiegen getreu des Mottos: „Tumor ist, wenn man trotzdem lacht“, so die heute 31-Jährige. Nach Abschluss ihres Bachelors im Februar 2020 und mitten in der Corona-Pandemie ist es ihr gelungen, einen tollen Job zu bekommen. Es war Andreas Traum, Ingenieurin zu werden, und das hat sie geschafft – trotz allem! Auch Dank der großartigen Unterstützung, die sie von vielen Seiten erfahren durfte. Seit nun über 2,5 Jahren bricht sie bei jeder Nachsorgeuntersuchung ihre eigenen Rekorde. Auch die letzte Untersuchung im Februar 2021 zeigte wieder einmal: kein aktives Tumorgewebe!

Immuntherapie – Was bedeutet das?

Als Andrea von ihrem zweiten Rezidiv erfuhr, kam sie in meine Praxis, um die weitere Therapie zu besprechen. Zwei Behandlungsoptionen standen zur Diskussion: eine weitere Stammzelltransplantation oder eine Immuntherapie. Nach Abwägung der Risiken einer Transplantation haben wir zu einer Immuntherapie geraten. Das entsprechende Medikament erhielt sie als Infusion etwa ein Jahr lang. Dieser Therapie ist es zu verdanken, dass sie seit 2,5 Jahren tumorfrei ist. Es gibt verschiedene Formen von Immuntherapien. Bei dem Medikament, das Andrea erhielt, handelt es sich um einen bestimmten Antikörper. Dieser Antikörper bindet sich nach dem ‚Schlüssel-Schloss-Prinzip‘ an bestimmte T-Zellen, die eine Immunreaktion gegen Tumore hemmen. Vom Immunsystem wird der Tumor als körpereigen erkannt und so die Immunreaktion gehemmt. Mit dem Wegfall dieser hemmenden T-Zellen wird die Immunreaktion gegen den Tumor wieder aktiviert und damit dieser zerstört. In den letzten Jahren wurde die Bedeutung der Immunologie für die Tumorbehandlung erkannt. Die Antikörpertherapie und die zelluläre Behandlung gehören zu den erfolgversprechenden Krebsbehandlungen von morgen.

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