Rückblick Juni 2020: Nach einem ihrer längeren Trainingsläufe kam Jessica mit Rückenschmerzen nach Hause, welche sie jedoch als Anzeichen körperlicher Überlastung deutete. Da die Beschwerden nicht besser wurden, ging sie auf Drängen Ihres Mannes zum Orthopäden. Im MRT wurde ein Lendenwirbelbruch festgestellt. „Ich war sehr beunruhigt und hatte große Angst, denn ein Ganzkörper-CT sollte klären, ob es sich um eine Metastase oder einen Primärtumor handelt.“ Jessicas Angst war nicht unbegründet. Hatte Sie schon in jungen Jahren ihre Eltern beide innerhalb von zwei Jahren an einer Krebserkrankung verloren. Auch wenn sie viel Lebenserfahrung, Stärke und Lebenswillen aus dieser schmerzlichen Zeit mitgenommen hat, fühlte sie sich nun zurückversetzt in das Gefühl von Ohnmacht, starker Belastung und großer Angst. Denn bei Jessicas Mutter wurden durch Metastasen gebrochene Wirbelkörper entdeckt. „Diese Parallelität fühlte sich sehr beängstigend an und ich hatte große Probleme damit, mich vom Schicksal meiner Eltern zu distanzieren“, so die besorgte Jessica.
Zur Validierung der Ergebnisse folgten weitere Untersuchungen und eine Wirbelbiopsie. Auf die Ergebnisse musste sie eine gute Woche warten. „Und jeder weiß, dass diese Woche der Ungewissheit sehr sehr schwer zu ertragen ist. Die Welt steht still. Für alle anderen geht sie weiter. Es fühlt sich an wie Schnee im Juli“, so Jessica. Ich weiß noch, als wäre es gestern gewesen… Ich war gerade dabei, meinen Sohn von der Schule abzuholen, als mein Mann anrief und sagte: „Jessica, ich habe Deinen Onkologen erreicht, es ist ein Lymphom, es ist Blutkrebs. Die Diagnose (B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom) stand unerschütterlich fest und meine Welt geriet aus den Fugen. Ich bekam große Angst, früh zu versterben und unsere Kinder nicht mehr lange begleiten zu dürfen.
Trotz oder gerade wegen der Aggressivität des NHL hatte Jessica aber eine gute Prognose: je schneller sich Tumorzellen teilen, desto besser sprechen sie auf die Chemotherapie an. Das hat ihr sehr viel Hoffnung und Kraft gegeben, und daran hielt Jessica fest. Da das Lymphom mit einer Wachstumsgeschwindigkeit von 90% sehr aggressiv war, hieß es keine Zeit zu verlieren. „Meine Leben bestand nun aus Bestrahlungs- und Chemotherapie, die jedoch jäh unterbrochen wurde. Der Lendenwirbelbruch drohte sich zu einer Querschnittslähmung zu entwickeln und musste so schnell wie möglich operativ durch eine Wirbelsäulenversteifung mit zwei Stangen und acht Schrauben stabilisiert werden. Wieder musste alles sehr schnell gehen. Zeit zum richtigen Nachdenken blieb nicht“. In schlimmen Momenten sieht Jessica auf ihre Glücksbringer, die Verbindung zu Ihrer Familie, dann weiß sie: ich kämpfe weiter. Glücklicherweise verlief die Operation ohne Komplikationen, so dass die Therapie weiter fortgesetzt werden konnte.
Meine Familie und meine Freunde haben alle sehr betroffen reagiert, als sie von meiner Diagnose erfahren haben. Für viele war es genauso ein Schock wie für mich. Aber alle haben mich unterstützt. Jeder auf seine Weise, jeder so gut wie er konnte. Es tat gut zu wissen, dass ich unseren damals 8-jährigen Sohn während der Therapie-Zeiten überall unterbringen konnte. Meine Familie, seine Klasse, der Fußballverein, alle haben ein super Unterstützungsnetz gespannt. Ihn gut aufgehoben zu wissen, das habe ich sehr geschätzt.
„Ich habe alle Therapien gut überstanden. Oft durchströmt mich ein tiefes Gefühl der Demut und Dankbarkeit. Auch diese positive Erfahrung möchte ich weitergeben und Mut machen. Nach der Wirbelsäulen-OP haben die Neurochirurgen mir gesagt, dass ich mit der Versteifung nicht mehr Joggen kann. Das hat mich aufgrund der Dramatik der Lage nicht gestört – ich war froh zu leben, aber nach und nach hat mir das Laufen doch sehr als Ausgleich gefehlt. 1,5 Jahre nach der OP habe ich noch mal eine erneute Meinung bei den Operateuren eingeholt und habe ein positives Signal bekommen. Als ich das erste Mal wieder die Laufschuhe schnürte, war das ein sehr ergreifender Moment für mich: Es fühlte sich großartig an. Ich hatte das Gefühl, wieder fast die Alte zu sein, mein altes Leben zurückzubekommen. Allerdings fehlt die eigene Unbeschwertheit. Wenn man einmal am Abgrund stand und hinuntergeschaut hat, vergisst man diesen Blick und das beängstigende Gefühl nicht. Die Angst vor einem Rezidiv begleitet mich nach wie vor. Meist habe ich dieses Gefühl gut im Griff, aber es meldet sich regelmäßig. Laufen hilft mir dabei wieder zur Ruhe zu kommen. Und meine Familie und Freunde sind mein größter Anker.“
Jessica litt unter einem Non-Hodgkin-Lymphom. Dieses entsteht durch eine bösartige Veränderung von Lymphozyten, iner Gruppe weißer Blutzellen, die sich vor allem im Blut und in den lymphatischen Geweben aufhalten. Jessica und ihre Familie halten fest zusammen, sie geben sich gegenseitig Kraft. Die Therapie, die sofort eingeleitet wird, hilft Jessica. Nur der Forschung ist es zu verdanken, dass Menschen, wie Jessica eine Chance auf Leben haben, und sie ist unendlich dankbar, dass sie ihr Leben weiterleben darf.
Laufen ist Teil meines Lebenselexiers und wenn es einmal nicht so rund läuft, gibt mir das Laufen viel Kraft
Jessica
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